„Was findet Ihr alle an Mark E. Smith? Der Typ is Alkoholiker und schlägt seine Frau. Das is doch nicht cool, ey!“, zitieren wir hier mal einleitend ein besser anonym bleibendes Mitglied der Hamburger Musikszene, das neulich in breitestem Hanseatisch seinen Unmut über ein lautstark den Raum füllendes Fall-Stück äußerte. „Der Typ“, seines Zeichens Kopf der britischen 80er-Ikone The Fall, hat nach 25 Jahren Bandgeschichte zwar wirklich seinen Zenit überschritten, aber genügend Gründe, dem faltigen Berufs-Misantropen Tribut zu zollen, gibt das meisterliche Werk von The Fall allemal her.
So kompilierten die Darmstädter The Woog Riots zusammen mit dem Hamburger Kult-Label ZickZack eine jüngst erschienene Doppel-CD, auf der natürlich Tocotronics kongenialer 1-Minuten-Knaller „Ich habe geträumt, ich wäre Pizza essen mit Mark E. Smith“ nicht fehlen durfte. Extra noch einmal mit Mark Edward im Geiste und einigen Pizzakartons in der Ecke die Nacht im Studio verbracht haben immerhin 25 der 29 Interpreten, um exklusive Stücke zur Compilation beizusteuern. Heraus kamen eigentümlich schräge, mal mehr, mal weniger an die Originale herankommende Cover-Versionen oder auch eigene, dem Meister eher aus der Distanz zuwinkende Stücke.
Stoisches Knarzen und Fiepsen ist natürlich erlaubt, aber ob man unbedingt, um dem Meister nahezukommen, wie Barbara Manning 6 Minuten lang möglichst verzerrt ins Mikro lallen muss, sei dahingestellt – bei Boy Divison geht das ok, denn die nölen schließlich immer in ihr Megaphon! Umso erfrischender sind daher die Compiler The Woog Riots mit dem poppigen „Mark E. Smith with Brix“ oder auch F.S.K.-Bassistin Michaela Melián, die als einzige ganz auf Gesang verzichtet. Aber nicht nur aus der deutschen Indie-Szene (weiter dabei u.a. S.Y.P.H., Knarf Rellöm, Tom Liwa, Locust Fudge, Rockformation Diskokugel), auch über die Landesgrenzen hinweg wird Tribut gezollt: z.B. Chris Brokaw, Preston School Of Industry und Chris Cacavas sind mit von der Partie, und britische Fall-Insider, wie Jowe Head (u.a. TV Personalities, The Palookas), der fast einmal Bassist von The Fall geworden wäre, und das Londoner Duo I, Ludicrous („the best opening band for The Fall“) dürfen selbstverständlich nicht fehlen.
Hervorzuheben sind weiterhin Jeffrey Lewis, der größte Fall-Fan der USA, der die Bandgeschichte von The Fall mit Banjo und Mundharmonika erzählt, und last but not least Klaus Walter, dessen Hörspiel-Beitrag „Ich habe geträumt, ich wäre Neckermann quälen mit Mark E. Smith“ zusammen mit seiner „Introduction To The Fall“ im CD-Booklet eine ungeahnt aktuelle Bedeutung erhält: bitte ladet Oliver Kahn und Mehmet Scholl zur CD-Release-Party in München, schließt alle Türen ab und spielt die ganze Nacht „Bremen Nacht“! Kahn wird keinen Ball mehr halten, Bayern sicher niemals mehr deutscher Meister und Mehmet Scholl fortan hoffentlich etwas knarziger als bislang kompilieren. Und wer es zu diesem besonderen Ereignis nicht nach München schafft, sollte eine der anderen demnächst anstehenden Release-Parties nicht verpassen!