„Was hält uns wach wenn der Himmel brennt?“ … in den ersten beiden Wunder-Tracks geht's mächtig in die elektronischen Pioniertage zurück, als der Synthesizer entdeckt wurde und hinter der 19 noch eine 83 auf dem Jahresblatt stand. „Electronic Body Music“ kommt einem da unweigerlich wieder in den Sinn, aber auch der Grat zum Power-Hitparadenpop ist schmal (und in „Alien Love Code“ garantiert überschritten). Eine gewisse Affinität zur großräumigen Discokultur sollte mitbringen, wer sich an Wunder heranwagt, sollte nicht zurückschrecken vor der großen Geste, der musikalischen Kraft, die ständig mit den Texten zu ringen scheint und der erinnerbaren, stets präsenten Stimme von Frontfrau Katrin Schröder.
Seit acht Jahren bereits gibt es die Formation, Wunder verkauft sich (lange in Eigenregie) zwischen Rosenstolz, Zinoba und den Helden, ohne dabei auf irgendeinen beliebigen Zug aufzuspringen, bringt Wucht mit, ohne aber die Aggressivität der Rammsteinigen erreichen zu wollen, und covert Hubert K. („Wenn der Mond die Sonne berührt“). In letzterem leider aber auch ohne den Song mit seiner ursprünglich schwebenden Magie auszufüllen. Leisere Stücke („Ich kann nicht ohne deine Liebe sein“, „Freiwillig“) finden gerade eben noch Platz in der treibenden Enge.
„Kinder der Vernunft“ wollen sie nicht sein, so singen sie, scheren sich einen Dreck um aktuelle Trends und halten somit einer Nische den Zugang frei, von der keiner weiß, ob sie jemals wirklich verschlossen gehört. Verspäteter Ausdruck der Generation Golf oder Soundtrack zu einer Reise in die Tiefen der neuzeitlichen Lifestylegeschichte? Mit dem ausgestorbenen Fernseh-Testbild-Motiv spielen sie im Booklet. Das war immer erst dann zu sehen, wenn keiner mehr etwas zu sagen hatte. Zumindest zu erzählen aber haben Wunder doch eine ganze Menge. Wer das live erleben möchte, der hat dazu im Juli noch einige Male Gelegenheit!