Dass die Herren von Mardi Gras.bb Großmeister im lässigen Wandeln durch vergangene Jahrzehnte Musikgeschichte sind, hat die Mannheimer Soundkarawane bereits seit Jahren einem immer wieder erstauntem Publikum bewiesen. Auf ihrem nunmehr fünften Album „29 Moonglow“ steigt die Schiffskappelle des Mississippi-Schaufelraddampfers um in eine schnittige Dampflok und rast noch weiter zurück als auf den Vorgänger-Alben: bis in die 40er, die 30er, ja gar in die 20er des letzten Jahrhunderts geht die Reise diesmal und beschließt die Pentalogie vorzüglich. Dass Doktor Wenz, Reverend Krug und Konsorten diesmal weniger mit teutonischer Symbolik spielen, sondern nun – ganz Zwanziger – zur Revolution blasen, bleibt offen für diverse Interpretationsmöglichkeiten. „Reason in Revolt Now Thunders“ ist der Untertitel, und auf wen bei „29 Moonglow“ nun der Revoluzzerfunke überspringt, der soll auf die Straße gehen und die Fäuste schwingen. Die anderen werfen bitte das Tanzbein in die Höhe und schwofen in dunklen Kaschemmen bis in den Morgen. Die jazzigen Klänge des Orchesters gehen auf im Ragtime, Swamp, Swing, und man will meinen, der Brassdrachen habe tatsächlich in einem früheren Leben in den Roaring Twenties das Blasen von der Pike auf gelernt – so perfekt, so filigran, so punktgenau weiß er, Spannung zu erzeugen und Akzente zu setzen. Kleiner Höhepunkt von „29 Moonglow“ ist die wunderbare Cover-Version des Donovan-Klassikers „Mellow Yellow“. In Stücken wie „Wrong Bottle“ und „Bittersweet“ scheint Doktor Wenz Tom Waits so nahe wie nie zuvor, ohne dabei so abgefuckt zu wirken wie der Altmeister. Wer sich also die exorbitanten Eintrittspreise und die Anreise zu den Berliner Konzerten des Herrn Waits sparen will, der besuche eines der vielen Konzerte von Mardi Gras.bb. Denn New Orleans liegt in diesem Herbst direkt vor Deiner Haustür – mitten im Herzen des Clubs Deines Vertrauens.