Berlin. Dancehall. Das hier geht an alle Ladies. „Wir schicken Grüße raus an jede süße Maus“, und das Akkordeon zieht wie eine Duftwolke durch den Raum. Menschen tanzen und balgen sich um den Fortbestand der Nacht. Ohrbooten berlinern sich durch die vierundzwanzig Stunden des alltäglichen Wahnsinns. Mit dem Dogma, nicht Gott und die restliche Welt werden es schon richten („Ich glaub' an keine Wahrheit, aber meine Klarheit“). Prima Leben, das. Mit Mitte bis Ende Zwanzig zählt die Mannschaft. Genügend Kilometer auf der „Autobahn“ des Lebens („Wohin ist egal und wie lang werden wir sehen“) unterwegs gewesen, hat mutmaßlich studiert und vielleicht zwischendurch mal einen Workshop in Süd-Ost-Indien ausgerichtet. Matze, Noodt, Ben und Onkel an Bumm-Gitarre, Knöpfen, Kiste, Stimme, Stift und Zettel ist der Spieltrieb derweil mitnichten abhanden gekommen. Auf Albumlänge wummert das im klein-kompakten Viererpack schon amtlich. Reggae, eine kleine Prise Ska – das ganze mit der Tightness und dem Charme eines Seeed-Demotapes. Bitte, Ohrbooten, das ist jetzt der Vergleich, den ihr wahrscheinlich nicht zwingend hören möchtet. Doch wir verstecken ihn gut. So wie ihr. Denn guck mal, wer da auf „Und Tschüss!“ auftaucht: Music Monk DJ Illvibe! Sonnenschein ohne Kompromiss, den Mädchen gehuldigt, Lust vs. knappe Geldbörse. Ohrbooten kommen ohne die Wut im Plattenbau aus. Ohrbooten schrauben vier Räder an ihr Natural Soundsystem. Keine Flucht, stattdessen viele Geschichten. Zwischen Panorama und Fata Morgana. Nur zwei Mal stehen sie sich etwas zu bemüht selbst im Schritt. Doch dafür wartet „Spieltrieb“ gleich mit einem philosophisch-politischen Doppelknaller („Kommen und Gehen“/“Politix“) am Ende auf. Und mit dem magischen Viereck „berührt-gegeben-gespürt-am Leben“ treffen sie exakt den Nerv einer Welt, die zu oft noch schlechter gemacht wird, als sie ist. Kritiklos ist das deswegen noch lange nicht. Eher prophetisch im eigenen Land. Live mitreisen im Oktober!