„Holding back the Years / Holding back the Tears“ – wilde rote Locke Mick Hucknall war es vor nunmehr schon 21 Jahren, der den Soul der Arbeiterklasse in den Bars, Clubs und Lounges etablieren konnte. Mit „Money's too tight (to mention)“ hatte Glanz aber auch latenten Beigeschmack vergilbter Tapeten und billiger Feierabend-Biere. Das Album „Picture Book“ – ein bodenständiges Märchenbuch im jazzigen Soul-Pop-Kleidchen. Und wenn Märchen wahr werden? Simply Red haben genau das zumindest zeitweise erlebt. Millionen verkaufter Platten. Soundtrack unzähliger Abende am Kamin und mitten in den Achtzigern eines der wenigen Fähnchen, welches nicht in den New-Wave-Böen flatterte. Heute? Kubanische Rhythmen und ein paar viel zu klebrige Streicher. Die Band tritt im historischen Grand Teatro in Havanna auf. An einem Ort, der sonst den klassischen Welten vorbehalten ist. Als wären sie all die Jahre aus den Bars gar nicht mehr wiedergekehrt. Die Besetzung von einst dabei allerdings komplett auf der Strecke gelassen. Simply Red sind nur noch auf „Sad Old Red“ Mick Hucknall und einige Gäste reduziert. Doch gerade in solchen Momenten wie in diesem Stück Jazz ist er am Besten. Entlarvend, dass es dem Arrangement des Originals sehr nahe bleibt. Ansonsten viele aufgegossene Ideen. „Perfect Love“ gleich zu Beginn kommt doch mit einem ziemlich deutlich vernehmbaren Santana-Zitat daher. Schön aber auch lange schon gehabt. Verhaltenes Tempo prägt die gesamte Spielzeit. Manchmal bis kurz vor den Stillstand. Angelehnt an das Piano, schwache Beleuchtung. Am Ende „Everytime we say Goodbye“ als intimster Moment, der neidisch macht auf den kubanischen Teatro-Abend. Diese Atmosphäre wird hierzulande kaum entstehen können. Man hat ausnahmslos die größten Hallen gebucht. Mit dem Sound aus der Lounge nebenan hat das so gar nicht mehr viel gemeinsam. „Simplified“ – so einfach es klingt: Manchmal ist weniger doch immer wieder mehr. Nächste Woche live in den großen Hallen!