Wer den Film „Schwarze Katze, weißer Kater“ von Emir Kusturica kennt, erinnert sich zumeist sehr gerne an die filmbegleitenden musikalischen Ausflüge in die Welt des aufgeweckten traditionellen Balkanbeats. Viele Bläser, ein vor Energie berstender Rhythmus und eine blumige Mischung aus Gesang, Melodie, Tanz und Freestyle kennzeichnen einen Stil, der sekundenschnell mitzureißen versteht und sich eigentlich über kurz oder lang voll und ganz im Clubbereich etablieren musste. Wo Russendiskos, Datschaparties, Balkan Beat Boxes und Ostalgiafeten immer größere Erfolge feiern, entsteht Platz für musikalische Nachhilfe in Tonträgerform. Während die World Music Charts und Insider längst Bescheid wissen, bedarf es für aufgeschlossene Ohren jenseits der In-Crowd unter Umständen länger, bis sie auf das unglaubliche Potential der Remix- und Mixformen stoßen. Stefan Hantel alias Shantel, bekannt als Downbeat-DJ und Produzent aus K7!-Kreisen, nahm nicht zuletzt die Heimat eines Teils seiner Familie zum Anlass, seiner Vorliebe für die Integration osteuropäischer Traditionsmusik in seinen Sets auf den Grund zu gehen. Dort teilen sich nun Fanfare Ciocarlia und Goran Bregovic die Trackliste mit den dezent beatuntermalten Remixen und Variationen von Shantel selbst sowie weiteren Orchestern und Gruppen aus dem musikalischen Umfeld des „Balkanstils“. Zum Teil erinnert dies an die fantastischen Bulgarischen Frauenchöre, dann wieder an Beine schwingende, Fellmützen tragende Tänzer oder an fernwehgetragene instrumentale Melancholie. Was der Bucovina Club noch vermag, außer zu Hause für Stimmung zu sorgen, kann gerne in der Öffentlichkeit ausspioniert werden. Als Beispiel dient an dieser Stelle ein grautrüber Sonntagabend im November 2005 in Berlin. Leise Gespräche und Introvertiertheit machen sich breit. Da tönt ein voluminöser Bläsereinsatz aus den Boxen, ein strammer Rhythmus folgt auf den Fersen, der gehaltvolle Gesang setzt ein, und die Atmosphäre ändert sich, schlagartig. Ein Lächeln zieht durch die Bar, mit grinsenden Gesichtern werden erste Tanzbewegungen imitiert, die Lautstärke steigt an. Hätte im weiteren Verlauf des Abends der Tresen als Tanzfläche herhalten müssen, niemand wäre verwundert gewesen. Wenn dieser Club auf Reisen geht, sollte man auf alles gefasst sein. Und, auch wenn nicht alle Termine der Tournee mit Orchestern und Gastinterpreten geschmückt sein werden, kann getrost von einem phänomenalen Musikerlebnis ausgegangen werden – denn was bereits die CD bewirken kann, vervielfältigt der DJ unter Garantie. Wer nun immer noch skeptisch ist, dem sei noch einmal versichert, dass besagter „Club“ auch für Weltmusikkritiker eine Bereicherung ist. Ein dies belegender (Lieblings-)Anspieltipp: Shantels „Dunarea“, ein Lied, das alle Sehnsucht, die ein Balkanhit besitzen kann, so ganz ohne Klischees und Pathos ausstrahlt. Bravissimo!