Ein guter Gründungsmythos ist auch bei Künstlern schon die halbe Miete. Die Geschichte zu Justine Electras Debütalbum geht so: Nach einem kleinen Clubkonzert wird die Sängerin Christof Ellinghaus vorgestellt, dem Chef des Trüffelschwein-Labels City Slang. Nach knappem Hallo soll sie Ellinghaus ihr Demo angeboten haben – mit den Worten „Sechs neue Songs. 10 Euro.“ Der Labelchef staunt, fängt sich aber wieder, rasch genug, um Justine auf fünf Euro runterzuhandeln. Auf der Heimfahrt im Auto läuft das Demo und erwischt Ellinghaus irgendwo zwischen Magen und Herz. Zwischen diesem Treffer und der Veröffentlichung liegt nur ein Winter. „Soft Rock“ ist der doch ziemlich kraftlose Titel des Albums, und das Artwork ist, nun ja, jedenfalls pink und kitschig. Geschenkt. Denn die Stimme ist klasse und die Songs, die man am besten „Electrofolk“ nennt, sind es auch. Electro und Folk: Justine Electra kommt aus Australien, wo sie in nicht ganz idyllischer (höre „Mom + Dad + Me + Mom“) Hippie-Umgebung aufgewachsen ist. Seit einigen Jahren lebt sie in Berlin und hat sich dort als Techno-DJ und im Sonarkollektiv herumgetrieben. Auch wenn ihre Musik nicht in die üblichen Kategorien passen möchte, die beiden Extreme erklären sie vielleicht am besten. Das Album bedient sich aber noch bei vielem mehr: Das Mississippi-Delta liegt auf dem Weg und die Jazz-Standards-Abteilung im Plattenladen, Keyboard-Beats und Mandoline, beim Lauftraining singende Soldaten und viel scharfer Humor im harmlosen Gewand. Und am Ende, mit dem letzten Stück der Platte („Defiant & Proud“), schaut Justine Electra noch mal eben bei Aimée Mann und all den anderen rotweinsanften Songwriterinnen der ersten Riege vorbei. Sie steht ihnen in Nichts nach. Don't believe the artwork! Live nun zunächst auf einigen Festivals zu erleben. Mehr dann sicherlich im Herbst.