Der Trend zum digitalen 80er-Retro-GAU ist nicht mehr als solcher neu und spannend. Aber ein genaueres Hinhören lohnt sich auch hier immer wieder, denn es gibt im inzwischen gut gespurten Genre auf den zweiten Blick nach wie vor interessante Weiterentwicklungen zu registrieren. Junior Boys aus Kanada gehören mit Sicherheit dazu: „So This Is Goodbye“ heißt ihre neueste Veröffentlichung, und wir wollen hoffen, dass der Titel nicht Programm ist. Prall gefüllt mit dezenten Synthie-Klängen und fülligen Basslinien ist das Album, zu denen sich satte Beats, eine einschmeichelnde Soundtapete und schmachtender Gesang gesellen. Das klingt zunächst etwas zu gefällig, aber dieser Eindruck verflüchtigt sich beim intensiveren Reinhören: eine gelungene Mischung aus eleganten Arrangements und in der Zeit reisenden Synthie-Kollagen. Zwischenzeitig knarzt zeitgemäßes Elektrogefrickel an der Basis der Songstruktur herum und treibt sein einfallsreiches Spiel mit einer Melodie, die sich mit ihrer Dramaturgie der 80er-Elektropop-Schnulze anempfiehlt. Das ist alles überaus sauber produziert und generiert elektronische Pop-Perlen, wie man sie derzeit in der Form nur vom schwedischen 80s-Disco-Bastler Unai kennt. Die drei sollten sich dringend mal kennenlernen. Eine musikalisch gut informierte Bricolage, die die experimentell-künstliche Atmosphäre der 20 Jahre zurückliegenden Elektropop-Frühphase nur dem Potential nach nutzt, sie mit den dramaturgischen Strukturen des klassischen Schlagers in Zusammenhang bringt und minimalistisch-housig umkränzt. „So This Is Goodbye“ ist ein veritables Elektroschnulzen-Album geworden. Das ist um so interessanter, als aus Kanada in den letzten Jahren vor allem Releases auf den europäischen Markt geströmt sind, die entweder die Reduktion der Mittel im elektronischen Experiment suchen oder sich virtuos den diversen Bindestrich-House-Kategorien verschrieben haben, von Deep bis Minimal. Mit Greenspan und Didemus gibt es nun auch im Electro-Crooner-Gewerbe einen wirklich interessanten kanadischen Act. So this is no goodbye, hopefully.