Die MTV Awards brachten es letzte Woche zu Tage: die beste Band wurde mit Depeche Mode gefunden, und auch wenn man darüber streiten kann, die Elektronikpop-Herren verstehen es seit Jahrzehnten, ein immer größer werdendes Publikum zu begeistern. Zu Recht. Die im September erschienene „Best Of“-Compilation bestätigt die Fans – und den guten Geschmack. Es gibt nicht viele Bands, deren Hits sich immer noch und immer wieder gerne und gut anhören. Depeche Mode gelingt das, auf der Bühne wie auf Tonträger. Die letztjährige Tour war die wohl erfolgreichste für die Gruppe und stellte in Kooperation mit Videostarregisseur Anton Corbijn ein multimediales Bühnenbild zur Schau, das mit Videoleinwänden, futuristischer Architektur und Kostümen die Livesensation positiv untermalte. Und wenn man schon mal mit Liveeinspielungen auf der Bühne experimentiert und Filmmaterial für die Show recherchiert, liegt die weitere Vermarktung nahe. Billig war schließlich weder die Realisation noch der Eintritt zu einem der sehr gut besuchten Konzerte. Wer also im vergangenen Jahr – wenn auch schweren Herzens – nicht bereit war, die üppige Summe für den Eintritt zu berappen oder sich an die eigens miterlebte Show erinnern lassen möchte, kann nun in ein Dreierpaket investieren, das besagtes, bejubeltes „Liveerlebnis“ nach Hause bringt. Mehr Bühne im Wohnzimmer geht nicht. Das „Touring the Angel“-DVD-Paket enthält einen kompletten Livemitschnitt des Auftritts in Mailand sowie 2 Bonustracks, eine zweite DVD mit Interviews/Kommentaren der Bandmitglieder, Manager und des Bühnenberaters Anton Corbijn, sowie die üblichen Zusatzfeatures, EPK, Trailer, etc. Als drittes Bonbon ist eine Audio-CD mit Liveaufnahmen an Bord. Allerhand Material, um sich im guten Geschmack bestätigt zu fühlen. Die DVDs halten, was sie versprechen, und spiegeln die Liveatmosphäre sehr authentisch wieder – nur, dass die Kamera doch viel näher an die Bühne herankommt als der hartnäckigste 1.Reihe-Drängler. Ein großer Vorteil, bedenkt man die übliche Größe der Auftrittsorte eines Popgiganten wie Depeche Mode. Tatsächlich macht es auch in der Konserve viel Sinn, die sechs hinter der Band positionierten Leinwandeinspielungen vermehrt einzusetzen und mit mehr Schnitten, Close-Ups und Überblendungen zu arbeiten als bei einem klassischen Livemitschnitt. Eine enorme Stimmung ist da mitzuerleben, kein Wunder, dass diese Tour so einschlug. Selbst Andy Fletcher wundert sich im Interview darüber, dass Depeche Mode zunehmend mehr Zuschauer finden, obwohl sie weniger veröffentlichen. Ihr Repertoire ist aber auch so groß genug für einen Abend – ja in der Tat ausreichend für eine Doppel-DVD, auf der eben auch die alten Hits unglaublich gut und keineswegs abgegessen klingen. Ob Depeche Mode nächstes Jahr als die beste Liveband in die Geschichte eingehen, kann nun jeder selbst entscheiden. Ohne die gefüllten Stadien und Hallen besuchen zu müssen.