Wenn Männer in die Jahre kommen. Oder einer eine Reise tut. Auf John Watts trifft beides zu. Der ehemalige Stern am Himmel zahlloser Gymnasiallehrer hat schon lange mehr (Reise-)Ziele ausgemacht, als alle Pershing-Raketenköpfe in den Achtzigern jemals hätten anvisieren können. Wenn Watts heute eine zufällig zusammen gewürfelte „Klasse“ vor sich versammelt, wollen sich jedoch die wenigsten an längst vergangene Fischer Z-Sternstunden erinnern. Es war dieser heilsam überflüssige Ausflug in seichte Popgefilde Anfang des letzten Jahrzehnts, welcher Watts auf die Bahn anspruchsvolleren Songwritings zurück brachte. Die Legende zerbrach. Doch solo blüht der Mann in einer Mischung aus Gedicht, Geschichte und Erklärbär auf. Umgeben von Musikern, die frühestens unter „Red Skies over Paradise“ gezeugt wurden. Wenn auch das Material auf „It Has To Be“ zeitweise recht massenkompatibel daher kommt. Subtil und fein beobachtet ist jeder der 11 plus 1 Songs. Allesamt Resultat von Begegnungen auf kontinentalen Bahnreisen. Inge aus Dortmund steht da ganz paneuropäisch und selbstverständlich neben Xavier aus Barcelona, portugiesischem Fado, „The Most Amazing Dog In The World“ in Paris oder Christian aus „True Stockholm“. Wir wollen nicht zu viel verraten. Nur, dass „What A Time To Live“ vom vorigen Album eine sinnige Reanimation erfährt. Als Reminiszenz, als Verneigung, als Danke an die temporären Weggefährten. Wer sich die Mühe macht und einige der ganz alten Texte Watts' studiert, findet zwischen all der morbiden, kruden Endzeitstimmung von „Going Deaf For A Living“ über „Cruise Missiles“ bis „Batallions Of Strangers“ schon damals noch den letzten Funken Glauben an eine real existierende Zukunft. Dort ist Watts angekommen. Die wirklich bedeutende Reise aber ist hoffentlich noch lange nicht zu Ende, sondern macht Halt bei uns im März!