Mit „My Heart Flies Back To You“ eröffnet Dr. Wenz, Frontmann von Mardi Gras.BB, das Konzert im Juni 2006 im Leipziger UT Connewitz und damit den Konzertfilm „Unveiling The Exile Itch“. An der Kostprobe vom jetzt erschienenen Album „The Exile Itch“ fällt eines sofort auf: sie sind wieder da! Diese Bläser! Hatten sich Dr. Wenz, Reverend Krug und Erwin Ditzner zuletzt noch als „The Mighty Three“ reduziert mit Gitarre, Bass und Schlagzeug durch ein Album gerockt, findet der Brassdrachen auf dem neuen Werk „The Exile Itch“ wieder zu ansehnlicher Präsenz. Auch wenn das BB im Bandnamen der Mannheimer längst nicht mehr für Brass Band steht – sondern für „Double Bold“ -, sind Susaphon, Posaune, Trompete und Saxophon, gewiss mehr als das i-Tüpfelchen von Mardi Gras.BB. Mit dem Vorgänger-Album „29 Moonglow“ hatte die Band eine Pentalogie abgeschlossen, die zehn Dekaden Musikgeschichte frei interpretieren sollte, und auf Werk No. 5 jazzige Klänge der 20er Jahre in die Jetztzeit geholt. Auf „The Exile Itch“ scheinen Mardi Gras.BB freier von Konzept (aber keinesfalls konzeptlos) zu agieren. Und lassen die Sache dabei auffällig entspannt angehen: auch das Leise kann laut sein und die große Geste auf Samtpfoten daherkommen. Selbstverständlich elegant und mit dem lässigen Groove der Katze Pop, der die fragmentarische Erinnerung an Mutter und Großmutter Pop ins Fell geschrieben ist. „Metamusik“ nennt Dr. Wenz das im Interview mit Klaus Walter auf der beiliegenden Konzertfilm-DVD. Von einem distanziert-ironischen Umgang mit Musikversatzstücken der US-amerikanischen Kultur, spricht er, wie er nur mit dem kulturellen Abstand möglich sei, den man von hier aus habe. Dass Mardi Gras.BB dabei authentischer wirken als mancher Barde von der anderen Seite des großen Teichs, beweist, dass Authentizität nicht zwangsläufig etwas mit Herkunft zu tun haben muss. Die präzise Lässigkeit und unprätentiöse Perfektion, mit der Mardi Gras.BB zu Werke gehen, sucht ihresgleichen und zelebriert ein Muckertum, das alles andere als abstoßend ist. Vielleicht weil die Katze doch immer wieder an den richtigen Stellen mit dem Auge zwinkert und elegant einen unerwarteten Bogen schlägt. Der der CD als DVD beiliegende Konzertfilm in den ehrwürdigen Gemäuern des UT Connewitz unterstreicht die Größe dieser Band, die an vielen Orten der Welt zu Hause ist, aber auch lokal Charme zu versprühen versteht: Nicht nur mit tanzbaren Rhythmen, auch mit Sprüchen, wie „Der Osten ist das Frankreich Deutschlands!“, hat man das Leipziger Publikum auf seiner Seite. Dass sich in der Menge vor der Bühne Jung und Alt zu tummeln scheinen, macht Hoffnung. Darauf dass ein Bewusstsein für Popmusikhistorie beim gemeinen Pop-Pöbel doch nicht verschütt geht. Und ein besseres Lehrstück dafür als Mardi Gras.BB kann man hierzulande kaum finden. Live im Februar und März nicht zu verpassen!