Nehmen wir einmal an, das Leben an sich sei so etwas wie eine langsam sich öffnende Schere. Nicht nur, dass Abgrenzungen durch plötzliche, scharf geschnittene Kanten markiert sind. Vision und Wirklichkeit erheben halt schon immer ihren Anspruch auf Diskrepanz. Auf diesem instabilen Fundament kommen nun Die Zimmermänner aus der Vergangenheit und setzen eine Art Wiederherstellungspunkt in das Jetzt. Drei Alben in 23 Jahren bedeuten ja eher den Lidl des Todes als einen florierenden „Fortpflanzungssupermarkt“. Doch warum bitteschön nicht auch mal das Angebot zur Nachfrage ignorant außer Kraft und sich darüber hinweg setzen? Warum nicht „Christiane Paul“ und Gordon Matthew Thomas Sumner in einem Atemzug inhalieren, während das alternde Fräuleinwunder Muschi Glas über ungeschminkte Kellerleichen tänzelt. Die Zimmermänner, einst Hilfsarbeiter im wirren NDW-Konstrukt, scheren sich heute weder um große Geste („Regenschirm im Regen“), schieren Alleskönner-Pop („Zuckermann“) oder beiläufig gebrochene Bemerkung („Paderborn“). Noch immer sind es recht alltägliche deutsche Texte voller Haken, Widersprüche, Klischees und Ösen. Banal as can be im Aufzählen verflossener „Tiefs“, knapp unerträglich aufgesetzte Egalness in „Mama Baby Joe“. Ihre Lieder werden Treppen hinunter steigen in die Kaschemmen des geschmackvollen Vinyls. Werden vor keinem noch so kleinen Tanzboden halt machen. Niemand anderes leckt so leichthaftig die Regentropfen vom Kopf wie sie es in „Warum ich meine Freundin…“ tun. Und „Warum schmust du nie mit meinem Gehirn?“… Schnitt! Tour im April!