„I walked down to the Ocean / After waking from a Nightmare / No moon no pale reflection / Black Mirror“ Gleich einem kalten Fieberanfall steigen The Arcade Fire in „Neon Bible“ ein. Vier Minuten Zerrspiegel schmelzen noch einmal den Vorgänger „Funeral“ auf das Intensivste zusammen. Verabschieden ihn zugleich in das Reich reichlich oft erlebter Fabeln. Dass sie das Album in einer Kirche aufnahmen, will eher wenig aussagen. Sobald man sich nämlich von der europäischen Bedeutung aus Kälte und Stein verabschiedet. Hingewendet zu einer wenig herrlichen und marginal glanzvollen hippieesken Übersee-Wohngemeinschafts-Atmosphäre. Dass mit „Intervention“ dennoch ein Kirchenorgel-Orkan wütet, der Pete Seegers „We shall Overcome“ bis in alle Ewigkeiten in den Schatten der Geschichte stellt, darf man ihnen milde als elementaren Geniestreich anrechnen. Wie überhaupt Elementares eine gewichtige Rolle spielt in den oft wuchtig empor kletternden Arrangements der Kanadier. „Nothing lasts forever / That's the way it's gotta be / There's a great black wave / In the middle of the sea for me“ – Wer wird denn gleich untergehen? Dann lieber das alte „Working in a Coalmine“-Thema ausgebuddelt. Selbiges solange dem unzufriedenen, seine Tochter anpreisenden Vater um die Ohren gefeuert, dass es selbst Puff, dem magischen Drachen angesichts billig verkaufter Ideale ganz antichristlich anmutet. Und weil man da schon mal am Fensterbrett zur Welt sitzt, dürfen weder Amerika- noch MTV-Schelte gänzlich fehlen. Das alles findet sich zwischen Indie-Gestus und den weit ausholenden Armen des Ungarischen Nationalorchesters. Nicht immer in den uns alltäglich bekannten Dimensionen („No Cars Go“). Weshalb sich eine Diskussion um die Größe dieses Albums verbietet. „Neon Bible“ ist intensiv, ist Rausch, ist exzessiver Dienst am Menschen. Dramatisch, logisch, ohne Lichtgestalt und deswegen verdammt gut! Live Ende März bei drei Deutschland-Konzerten und im Sommer auf zwei Festivalterminen!