Es gab Zeiten, in denen die musikalische Sozialisierung identitätsstiftend für eine Generation war. Dieses Phänomen scheint mehr und mehr zu schwinden. Und das ist gut so. Denn die Überwindung eines gewissen Scheuklappentums könnte hier positive Begleiterscheinung sein. Während „Hippie“ lange Zeit ein Schimpfwort war, schießen heutzutage junge, durchaus als cool geltende Bands aus dem Boden, deren Mitglieder lange, zottelige Bärte tragen. Musikalisch saugen sie alles auf, was die Generation der Hippie-Großeltern zu bieten hatte. Aber auch die Plattenkisten der Eltern werden durchwühlt auf der Suche nach… Inspiration. Ja, genau: Inspiration. Hat man das Zauberwort einmal als das entscheidende verbindende Element musikalischer Sozialisationen und Kulturen erkannt, eröffnet sich ein Meer an Möglichkeiten. Yeasayer aus Brooklyn sind das neueste Exemplar einer Spezies, die sich selbstbewusst aus ihm bedient. Auf ihrem Debüt „All Your Cymbals“ wandern die vier Herren sicher auf dem Zeitstrahl der Generationen. Auch auf der räumlichen Achse weiß man sich zu bewegen: Anand Wilder, Chris Keating, Ira Wolf Tuton und Luke Fasano verschmelzen folkige Psychedelik hier und da mit afrikanischen, dann orientalischen oder auch balkanesken Einflüssen. Geben sich mehrstimmigen Gesängen hin und schweben in scheinbar spirituellen Sphären. Und das Schöne dabei: das Ganze ist trotz des Verzichts auf klare Songstrukturen durchaus eingängig, ohne zu simplifizieren, und hat somit einen unterschwelligen Pop-Appeal im allerbesten Sinne. Ein rundes, konsequent vorgetragenes, bezauberndes Werk. Live hierzulande zunächst nur einmal am kommenden Samstag in Köln zu erleben.