Etwas schief ins Leben gebaut sind sie ja schon. In ihrer Heimat Island steht (so ist man geneigt, nach Ansicht dieser neunzig kargen, wie gleichzeitig atemberaubend intensiven Minuten zu glauben) wohl kaum ein einziger Zaunpfahl parallel zum nächsten. Die Quellen ihrer Klänge erspähen Sigur Ros bis heute offensichtlich mitten in Mutter Natur. Oder wer käme schon auf die Idee, aus wildem Gestein eine durchaus wohlklingende Marimba zu bauen? Der selten blaue Himmel scheint sie während dieser Metamorphose von Bild in Ton an unsichtbaren Seilen von einer Stelle der Insel zur anderen zu führen. Sechzehn Konzerte an ebenso vielen unterschiedlichen Orten Islands. Menschen versammeln sich um sie herum, zünden Feuer auf Wiesen oder nehmen in bescheiden eingerichteten Räumen Platz. Gleich zu Beginn der größte Klotz. Hinter weißem Vorhang lauert mit „Glósóli“ ein veritables Klanggebirge für Fortgeschrittene. Einer Art Schnitzeljagd ähnelt ihre Reise. Mal stehen sie zwischen Skulpturen und verwitterten Häusern. Dann inmitten eines riesigen Tanks oder in der Nähe rostiger Wracks. Musikfilm oder Filmmusik? Ein Reiseführer in Welten, deren oft grau verhangener Himmel dennoch buchstäblich voller Geigen hängt. Wahrscheinlich spielten Sigur Ros selbst dann noch unbeirrt ihre Stücke weiter, wenn ihnen das Eiswasser bis zum Halse stünde. Dass sie zwischendrin an eines der beliebtesten ihrer Klischees erinnern und standhaft behaupten „We don’t talk much, we just play!“, können Sigur Ros dann aber bitte doch ihrer Grossmutter erzählen. Diese übrigens ist ohnehin für die abschließende, sympathisch menschliche Anekdote gut. So staubtrocken im Humor, wie die Wege durch ihre isländische Heimat in den Bildern wirken.