The Killers: Day & Age - Mit einer Riesenschippe Pop und Schmalz

The Killers: Day & Age (Island / Universal)

Was beginnt schleppenden Tempos mit einem fiesen, synthetischen Streichersatz orchestralen Ausmaßes und den Worten „This is the world that we live in“? Nein, kein 90er Eurodance-Schlachtruf von DJ Bobo, auch kein elektropoppiges Tanzvergnügen der 80er, obwohl man genau das denken könnte. Nein, The Killers sind es, die für ihr viertes Album „Day & Age“ das Tempo mächtig drosseln, den Ofen mit mehr Keyboardsounds und Bläsern füttern und eine Riesenschippe Pop und Schmalz drauflegen. Böse Zungen schreien „Schlager!“, The Killers lächeln süffisant, nötigen das Saxophon, bis es von der Decke tropft, und weiter geht's: für einige zwar vorbei am Kap der guten Hoffnung, aber immer weiter Richtung ausverkaufte Hallen. Denn eins ist gewiss: Die von Erfolgsgarant Stuart Price (meist über-) produzierten Nummern haben eingängige, fasst schon hypnotisierende Rhythmen und Melodien mit Ohrwurmqualität, ob man nun will oder nicht (gefährlich: die Single „Human“ wird trotz anfänglicher Aversionen irgendwann unbewusst vor sich her gepfiffen). Die Songs richten sich mit ihrem vielschichtigen Sound an eine breitere Hörerschaft. Manchmal klingt der Sound überbordend, hat einen choralen Hintergrund und scheint von Joey DeMaios Bassspiel („This Is Your Life“) inspiriert zu sein, das alles gerne mit öligem Saxophon zu karibischen Calypso- („I Can’t Stay“) oder Funk-Rhythmen (schlimmster Song: „Joyride“). Oben zitiertes „The World We Live In“ holt selbst das Duo Wham! wieder zurück und wartet ebenfalls mit Bläsern auf. Manchmal also zuviel Eurodisco, Pet Shop Boys, 80er Kitsch und eine ordentliche Portion Plastik. Manchmal klingt es aber auch einfach nur brillant. So eröffnet „Losing Touch“ mit pompösem Glamrock die Platte, während der griffige, von Synthies durchsetze Indie-Rock des „Spaceman“ (bester Song) daran erinnert, aus welchem Holz The Killers geschnitzt sind. Auch im wunderbaren „A Dustland Fairy Tale“, das erst mit Piano beginnt, um sich auf und unter peitschenden Drums, Gitarren und Synthiewänden zu entladen, sieht man die alten The Killers. Zum Beispiel, wenn Brandon Flowers vom „Devil wrapping up his hands“ erzählt, der auf „Cinderella in a party dress“ wartet und dabei an den Wüstenstaub des Vorgängeralbums erinnert. Da verzeiht man den Jungs aus Las Vegas auch die neue grauenhafte Feder-Fell-Kostümierung. Diese gilt es womöglich bei den Konzerten im Frühjahr zu bestaunen.