Beck, ewiger Geheimtipp, Musician's Musician, Grammy-Preisträger und für Endesunterzeichneten schlicht der größte lebende E-Gitarrist rückt neben seinem ersten Studioalbum seit sieben Jahren auch einige wenige deutsche Konzert- und Festival-Termine im Juli raus. Und weil die Nachfrage so groß war, wurden jüngst noch weitere Dates im November bestätigt. Einer davon sollte passend gemacht werden, auch wenn live normalerweise wohl im Band-Format und nicht – wie teils auf „Emotion & Commotion“ geschehen – mit vollem Symphonieorchester musiziert werden wird.
Für‘s sinnvolle Ausfüllen der Wartezeit wird „Performing This Week: Live At Ronnie Scott's (Live- CD und/oder DVD) empfohlen. Sowie natürlich die jüngste Großtat „Emotion & Commotion“: die zart eröffnende Benjamin Britten-Komposition „Corpus Christi Carol“ weckt hier die ersten Emotionen – Begeisterung über den unverwechselbaren Ton des Briten, seine innige Interpretation und das Hexenmeisterwerk an Slide-Ins mit Vibratohebel, das hier aufflackert. Nahtlos geht dies über in das Wah-Wah-Intro des voll orchestrierten, von Becks Zeit mit der Jan Hammer Group inspirierten „Hammerhead“, das von einem wahren Höllensolo geziert wird. Still und fast nachdenklich hingegen „Never Alone“, gefolgt von „Over The Rainbow“. Ja, genau dem „Over The Rainbow“, Wizard of Oz und so… Beck gelingt hier die wohl zauberhafteste Anverwandlung des ohnehin schwer verwüstlichen Klassikers seit der Fassung von Rio Reiser. Während bislang „nur“ Becks Strat gesungen hat, aber in einer Weise, dass man kaum realisierte, ein Instrumental nach dem anderen zu hören, singt nun Joss Stone ihre 'dirty' Version von „I Put A Spell On You“ von Screamin' Jay Hawkins. Becks Solo ist ein eleganter Tanz zwischen den Polen, Respekt vor dem Original und eigenem Stil. Den Bass bedient hier ausnahmsweise mal Pino Palladino und nicht die sehr zauberhafte Tal Wilkenfeld. Auch das etwas schematische „Serene“ bereitet einer Sängerin die Bühne, nämlich Olivia Safe. Im normalen Leben singt sie Koloratursopran in der Oper, für „Serene“ aber setzt sie nur einige wenige, nichtsprachliche Akzente. Prominenter ist ihre klare Stimme auf dem abschließenden „Elegy For Dunkirk“, von Beck in eine Art „Where Were You“ verwandelt, dem sie eine fast filmmusikalische Tiefe verleiht.
„Lilac Wine“ von James Shelton leiht Imelda May ihre hier ein wenig an Jennifer Warnes erinnernde Stimme. Nach dieser akustischen Streicheleinheit tut auch „Nessun Dorma“ nicht mehr wirklich weh, zumal Beck und Orchester aus dem alten Turandot-Schmachtfetzen neue Funken zu schlagen verstehen. Man will es eigentlich abgegriffen finden, findet sich stattdessen aber doch fasziniert. Dieses „Nessun“ ist jedenfalls weit weniger pompös als das von Uli Jon Roth („Bridge To Heaven“) ausgefallen. Die unbedingt empfehlenswerte Digipak-Version enthält eine Bonus-DVD mit bisher unveröffentlichten Live-Mitschnitten des Crossroads-Festivals 2007. Fünf der sechs Performances auf der DVD waren bisher für das Publikum unzugänglich, nämlich „Brush w/Blues“, „Stratus“, „Nadia“, das Reggaemental „Behind The Veil“ und John Lennons „A Day In The Life“, für dessen Interpretation Beck im Februar einen Grammy entgegennehmen konnte. Die Aufnahmen zeigen die Band in prächtiger Spiellaune und fügen die optische Dimension u.a. mit einer Frau Wilkenfeld hinzu, die so geradezu irritierend attraktiv wie eine unfassbar gute Bassistin ist, aber das klang ja bereits an. Hoffentlich ist auch sie im Juli dabei…