Rock’n Roll ist megaout. In ihrer schottischen Heimat sackpfeifen es die Spatzen spätestens seit dem Debüt „Bagrock For The Masses“ von den Dächern: Kilt’n Roll gehört die Zukunft! Das Erfolgsrezept dieser anderen RHCP ist die „Verschmelzung traditioneller Dudelsack-Melodien“ (und -Instrumentierung) mit „zeitgenössischen Rockhymnen“. Das Ergebnis ist weit mehr Chili als Chill(i) – das Publikum im wunderschönen Fruitmarket in Glasgow, wo dieses Live-Dokument bereits 2008 aufgezeichnet wurde, wurde jedenfalls chilischarf durchgerockt – mit ca. 666.000 Einheiten auf der nach oben lichterloh brennenden Scoville-Skala. Nach einem „Also sprach Zarathustra“ vom Band (und leider noch ohne Sackpfeifer) pusten sich die sympathischen Kelten mit Traditionals wie „Crooked Bridge“ zunächst den Staub aus den Bälgen. Ideale Vorbereitung für das rasante Solo-Duell E-Gitarre vs. Dudelsack, das nun ein aberwitziges Medley aus „Smoke On The Water“ und „Thunderstruck“ (AC/DC) einleitet. Das Intro zu Coldplays „Clocks“ liegt immer einen Viertel- oder Halbton schief und erinnert so wonniglich an Geigenunterricht, während „Pig Jig“ als richtiger Jig bzw. Reel abgeht wie die sprichwörtliche Wutz. Auf der DVD vom Konzert ist unterdes das Auftreten der „RHCP Dancers“ zu konstatieren, die mit einer Mischung aus Cheerleader-Appeal und „Lord Of the Dance“-Zehentanz den Vortrag der Pipers optisch bereichern. Dies gelingt um so mehr, als die meisten dieser Damen von Mutter Natur nicht direkt benachteiligt wurden, als es an die Reizeverteilung ging. Überhaupt Optik: Die Pipers tragen Quilt, logisch, die aber sämtlich so schwarz wie das Shirt eines Death Metal-Fans sind. Nur die traditionellen Sporrans (d.h. schottische Klingelbeutel) sind im Tartan, also Schottenmuster gehalten. Die Besetzung mit drei Püsterichen, drei Percussionisten, E-Gitarre wechselnd mit Bass und Keyboards erweist sich als im besten Sinne schlagkräftig: Wenn beispielsweise ein iPhone ein tragbarer Computer ist, dann ist das, was Malcolm McEwan da teilweise vor den Bauch geschnallt vor sich her trägt, eine portable Version von „Bonzo“ Bonhams Drumkit… Für „Highland Cathedral“ kommt die Pfeif-Abteilung einer Schulkapelle auf die Bühne. Auch schön. Das Traditional „Wi A Hundred Pipers“ permutiert zu Quos „Rockin‘ All Over The World“. Die Konzertklimax wird mit einem Pipepourri aus „We Will Rock You“ und „Eye Of The Tiger“ erreicht. Die Extras der durch merkwürdige, an eine verzögert anspringende Aussteuerungsautomatik erinnernde Dynamik-Sprünge gelegentlich etwas irritierenden DVD bestehen im nicht mehr wegzudenkenden spaßigen Tour-Film und im nicht mehr endenwollenden exklusiven Hintergrund-Interview zu den Anfangstagen der Band. Fazit dennoch: Caledonia rules! Wann kommt die Version von „Scream Bloody Gore“ von Death?!?
Das wird bei der aktuellen Deutschlandtournee vermutlich noch nicht im Programm sein, in deren Verlauf die Band noch bis Mai flächendeckend zu sehen ist. Übrigens: Auch das diesjährige Wacken Open Air wird umgeblasen!