Als Guaia Guaia spielen die zwei blutjungen Schulabbrecher nicht nur auf der Straße, sie wohnen dort. „Obdachlose Wanderpenner“ nennen sich die Schulfreunde, seit sie vor drei Jahren vom Osten der Republik auszogen, um ein freies Musikerleben zu leben. Seither holen sie auf belebten Plätzen Posaune, Gitarre, Verstärker nebst Generator aus selbst gebastelten Lastenfahrrädern und beglücken die Metropolen mit ihren stilistisch dadaistischen, klanglich elektrowavigen, gesanglich rotzigen Popparolen fröhlicher Zivilisationsverweigerung. Es ist ein lustiges Vagabundendasein, das die zwei da öffentlich zelebrieren, bis die Polizei kommt und für jene Ordnung sorgt, der sich Guaia Guaia in ihren Texten widersetzen. Durch den Wechsel ins Studio, produziert von Vertigo, vertrieben von Sony, verliert ihre selbstreferenzielle Verspieltheit leider an Kraft. Zu dumm: Elias und Luis werden über kurz oder lang berühmt. Dafür sorgte schon Sobo Swobodniks Tourdokumentation „Unplugged“, dafür sorgt die Authentizität der zwei frisurlosen Losertypen, dafür sorgt vor allem der aktuelle Bedarf nach rohem Sound in ungeschliffener Pose, die sich im wesensverwandten Rap zusehends von der durchdeklinierten Basecap-Attitüde entfernt. Guaia Guaia sind die Sensation des Jahres, eine Art Dada-Pop-Hop, der den Begriff des DIY in luftige Höhen treibt und etwas sehr Besonderes mitliefert: tanzbaren Spaß für Skeptiker.