Erinnert sich jemand an diesen Loriot-Sketch, in dem ein Spielzeug-Atomkraftwerk eine nicht unerhebliche Rolle spielte? Und waren in der Schule nicht auch immer die Stunden am unterhaltsamsten, in denen die brüchige Kreide zu mehr oder minder spannendem Experiment wurde? Julia Holter ist nach dieser Herleitung sinnbildlich Tafel und begehbare Versuchsanordnung zugleich. Mit dem dritten Album „Loud City Song“ führt der Weg von der ehemaligen Laurie Anderson-Referenz über immer mehr Pop-Zugaben hin zur immer noch mutigen Essenz aus multiinstrumentalistischen 80er-Jahre-Restbeständen (ja, auch Vocoder), etwas urbaner Avantgarde und trotz allem erstaunlich hoher Zugänglichkeit. Nicht, dass das alles für formatiertes Sendungsbewusstsein in den Rundfunkanstalten reichen würde. Im Nachtprogramm aber haben die Stücke von „Loud City Song“ allemal Platz. Und genau dort gehören diese Perlen eigentlich auch hin. Ebenso, wie die Tour in den kühlen Herbst.