Meine ganz persönliche erste Begegnung mit der Lemper fand gefühlt vor, hinter und über Mauern statt. „The Thin Ice“ in der Roger-Waters-The Wall-Version vom Potsdamer Platz 1990 in Berlin bleibt bis heute verdientermaßen unvergessen. Trotz Panne, trotz Stromausfall, trotz Unterbrechung. Seither assoziiere ich Ute Lemper mit überlebensgroßen Figuren und Bewusstseinsautobahnen und weniger mit den kühlen TV-Shows der Achtziger, deutschen Musical-Nachgeburten und Schauspiel-Chansons. In Wahrheit gibt es sie vielleicht auch nicht, die Lemper, deren künstlerischer Entwurf in ihrer deutschen Heimat vielleicht auch seit jeher stets ein wenig überzeichnet wirkte. Gut daran tut, wer sich mal auf die Pfade von Ute Lempers Album „Forever – The Love Poems of Pablo Neruda“ begibt. Zwölf Lieder, ein Zyklus, Gedichte und ein Rahmen, nur viele Dimensionen kleiner als seinerzeit zwischen den fallenden Steinen. Liebe, Unterdrückung und Diktatur sind Themen geblieben, nur diesmal spielen sie im entfernten Argentinien. Schmerzhafte Lyrik auf dezenter Klaviatur in unprätentiösen Arrangements. Tour im Frühherbst. Das passt schon.