Der Mann spricht sechs Sprachen. Die eigene mit sich selbst nicht eingerechnet. Wahrscheinlich inklusive Körpersprache sogar noch viel mehr. Und wer, schenkt man der Wikipedie seinen Glauben, als geborener US-Amerikaner das Kunststück fertig bringt, ABBA, Supertramp, Nina Hagen und The Carpenters gleichermaßen zu mögen, hat schon in frühen Jahren zunächst gar nicht so viel verkehrt gemacht. Mit Umwegen schaffte Grant es irgendwann über den Teich. Manchmal gleichwohl nur bis nach Island, aber das war auch gut so. Egal ob Elektro, Sprechgesang aus der ganz kleinen Kammer, überwundener Orchestergraben bei der BBC in London als Synonym ganz persönlicher Grabenkämpfe – John Grant klingt auf „Grey Tickles, Black Pressure“ immer noch wie einer, dessen Karten stets offen einsehbar vor ihm liegen und doch nicht eben so zu lesen sind. Jedenfalls nicht im Vorübergehen. Schichtenweise türmen sich da die Gefühlswelten in Eisschränken, springen inzwischen höchstens ein paar wenige fremdbestimmte fiese Dämonen durch die komplexen Arrangements. Dann dieser Pulli auf dem Cover, Adolf Hitler und du, plötzlich irgendwas mit Funk und Tracy Thorn. Wie viele Impulse, Wellenbrecher, Körpersprachen, Innereien, zeternde Absurditäten und einfach rücksichtslos tolle Lieder („Disappointing“) haben denn eigentlich so Platz auf einem einzigen Album? Ohne Hörers entsetzte Freude am Voyeurismus hinüber in den totalen Überforderungs-Modus zu sprengen. HIV-Infektion hin, Selbstzerstörung in der eigenen Biographie her. John Grant ist, so banal auch das klingt, einer dem zugehört werden muss. Erst recht auf der Tour im Winter. Es bleibt also kalt.