Claire Boucher tarnt sich gerne. Das (und einiges mehr) erfährt man aus dem aktuellem Anlass „neues Album“ in jüngeren Spex-Lesestrecken und auch in der ZEIT. Schon daraus lässt sich ja beinahe ableiten, dass wir es mit einem nicht eben knapp bemessenen Volumen an Persönlichkeiten zu tun haben. Mit irgendetwas multiplem, das längst zur griffigen Kunstfigur kumuliert ist. 2012 „Visions“, diese „Major Tom trifft Enya“-Sounds irgendwo am Ende einer ausgiebig durchgespülten Destillationsmaschinerie. Grimes aka Claire Boucher treibt ihre eigene künstlerische Ideologie ganz bewusst auf die Spitze heimatlicher kanadischer Hügel. Ein Instrument nicht mal im Ansatz verstehen zu können oder zu wollen wird eben Mittel zum Selbstzweck. Keine ganz neue Strategie, doch bleiben sicherlich in mehrerlei Hinsicht wohltemperierte und wohlüberlegte Zitate haften: „Die Geige! Wie man mit einer echten Geige umgeht, ist mir ein Rätsel. Aber dank der Computertechnik kann ich so tun, als wäre ich eine Geigenvirtuosin.“ In der Endabrechnung einen genügenden Rest weit entwaffnend ehrlich. Der Diskurs des perspektivischen Wechsels auf die Art und Weise des Ersatzes herkömmlichen Könnens muss nicht notwendigerweise faszinieren, kann sogar an schlechteren Beispielen ermüden. Interessieren dagegen schon. Stammt Grimes, oder besser Boucher, doch aus der handgemachten DIY-Punkgemeinschaft gleich nebenan. Ursprünglich. So schön kann Emanzipation also klingen, wenn man sich mal Entwürfe über den Haufen zu werfen traut. Im Zwischenergebnis bleibt auch auf „Art Angels“ alles noch ein ziemlich überlaufendes, hart kochendes Popgebräu aus mehr oder weniger hoch qualifizierten zig Zutaten. Spannend. Sehr sogar. Tour im Februar.