Ihre Pressefotos zeigen die Einstürzenden Neubauten vor einer übermächtig erscheinenden, metallenen Wand. Glatt, ohne Relief. Ein beinahe blinder Spiegel, der sich jeder fein geschliffenen Reflektion zu verweigern scheint. Wenn man denn nur interpretieren wollte. Was bildhaft einerseits im krassen Gegensatz zu ihrer Arbeitsweise steht. Andererseits kaum besser die immer noch überaus mächtig schwere Klangfarbe dieser kulturellen Institution beschreibt. Aufgehebelt werden die mitunter massiven Töne von einer immensen Textschwere in Blixa Bargelds facettenreicher Lyrik. „Alles Wieder Offen“ steht somit nicht nur für den sehr wohl reflektierten Schaffensprozess unter der steten Beobachtung einer kleinen geschlossenen zahlenden Öffentlichkeit („Supporter“). Der Titel greift zugleich auch in die eigene Bandgeschichte zurück. Zitiert fragmentarisch Strukturen und Texte weit zurückliegender Werke und vereint nervöse Rhythmen kongenial mit einer selten gekannten Ruhe. Was Bargeld und seine Männer erschaffen, ist nahezu perfektes Ergebnis einer inzwischen fast abgeschlossenen Klangforschung. Langweilig? „Beständig nur ist eure Unbeständigkeit. Siegreich letztendlich, denn sie höhlt, wie oft beschworen, Steine, mahlt den Sand, so fein wie Stundengläser, Eieruhren ihn brauchen, zum Zeitvermessen und für den Unterschied von hart und weich.“ „Die Wellen“ tun nur ihre Pflicht als kalte Dusche, bevor der Erzähler zu leisem Kuhglockengelöt sanft in die Enklaven tiefster See(le)n vordringt („Nagorny Karabach“). Dabei kommunizieren die Neubauten (nicht unter Ausschluss feinen Humors) zwischen „rechten Winkeln“ und „abben Ecken“ mal wie auf einer Demo („WeilWeilWeil“), erinnern gewollt ungewollt an ein altes Chanson Daliah Lavis („Ich hatte ein Wort“). Schleichen wie unruhige Geister umher („Von wegen“), setzen eine Nadel Dadaismus auf altes Screaming Blue Messiahs-Vinyl und lassen im Titeltrack sogar den fix verwegenen Gedanken an einen Thomas D.-Remix in das System treten. Dass sie die Kunst des sich lärmend aufrecht emporhebenden Crescendos im Neunminüter „Unvollständigkeit“ sehr wohl noch beherrschen, baut kurz vor dem Finale alle Wände wieder auf. Gegen die Wand aber rennt hier einzig, wer in seiner eigenen unreflektierten Kommunikation mit der Vergangenheit nur verstörenden Lärm mit dem Kollektiv Einstürzenden Neubauten assoziiert. Postmoderne Reiser-, Kante- oder Archive-Gourmets dürfen, nein müssen hier zugreifen! Alle anderen im Grunde auch. Tournee im Frühjahr 2008!