Typische Kennzeichen: ein „grubiger Stiel“ und ein „lappiger Hut“. Zu finden: „am Wegesrand“. Elfin Saddle, zu Deutsch die Grubenlorchel, ist ein Pilz. „Ah!“ denkt nun die werte Leserschaft, „da frönen wieder ein paar Neohippies einem exzessiven Konsum psychogener Drogen, lassen sich im zarten Alter von um die 20 lange Bärte wachsen, komponieren verschwurbelte Hymnen mit brennbarer Gitarre, Glöckchen und allem Pipapo – und räumen kräftig ab!“ Denn der Folksong ist bekanntlich das emsigste Stehaufmännchen der Popmusik und steht voll im Saft – und das auf großer Bühne, keinesfalls nur am Wegesrand. Die kanadische Formation Elfin Saddle hat sich allerdings doch am äußersten Rand des Phänomens „Neofolk“ ihren Platz gesucht. Über den Drogenkonsum von Emi Honda und Jordan McKenzie wissen wir nichts. Die Natur spielt in ihrer Kunst zwar eine große Rolle, ihre Songs sind aber weder von rückwarts gewandter Romantik, noch von verstrahltem Hippietum geprägt. Sie strahlen vielmehr eine selten gehörte Klarheit, Aufgeräumtheit und Schönheit aus, sind aber sperrig genug, um sich einer dem Massengeschmack folgenden Verwertungslogik zu entziehen. Sie haben etwas Klagendes, ohne zu jammern. Lieben die Natur, ohne die Zivilisation zum Feind zu erklären. Technologiekritik ist ihre Sache eher: die Musik ist auf das Wesentliche reduziert und hauptsächlich mit analogen Akustikinstrumenten eingespielt. Unter anderem Ukulele, Banjo, Cello, Tuba, Akkordeon, Kontrabass, singende Säge und sogar ein Dudelsack legen das Fundament, über dem der eindringliche Wechselgesang von Jordan und Emi schwebt. Er singt Englisch, sie meist Japanisch. Und tatsächlich besingen sie eher grubige Tiefen als bergige Höhen des Daseins, verordnen ihre Musik selbst in einer postapokalyptischen und postmaterialistischen Traumwelt. Die Apokalypse als Weg, der Warenwelt den Garaus zu machen? Das falsche Leben im falschen zu beenden? Die Zeit der lappigen Hüte wird kommen? Es lebe die Lorchel? Elfin Saddle sind eine explizit politische Band. Insofern nicht nur musikalisch, sondern auch intellektuell bei ihren Brüdern und Schwestern im Geiste, beim Label Constellation Records bestens aufgehoben. Während Bands wie Godspeed You! Black Emperor oder A Silver Mt. Zion aber vergleichsweise abräumen, blüht dieses zarte Pflänzlein weitgehend unbeachtet am Wegesrand. Beachten Sie es bitte, wenn es demnächst in Ihrer Stadt aufgeht. Denn Elfin Saddle sind ab Ende Mai auf Tour, präsentiert von POP FRONTAL!