„Relevanz“ ist auch so ein Unwort in der Musikpresse geworden. Wird eine Band bedeutungsschwanger ohne jeden unmittelbaren Subjektbezug als „relevant“ bezeichnet, kommt das einem Ritterschlag gleich. Wobei stillschweigend eine Übereinstimmung der Relevanzsysteme einer diffusen Gruppe von Musikhörern unterstellt wird. Blumfeld sind der Prototyp einer relevanten Band. Sieben Jahre nach der opulenten Abschiedstournee wird das Ansetzen einer erneuten Tour mit weniger Argwohn beäugt als bei anderen Bands, denen man gerne künstlerische Fantasielosigkeit und Geldscheffelei unterstellt. Nun hat sich also auch im Hause Blumfeld die eigene Geschichte so sehr gestapelt, dass sie dringend in die Gegenwart geholt werden muss: 20 Jahre „L'Etat Et Moi“ wollen gefeiert werden, das Jubliäum eines Überalbums, in dem Jochen Distelmeyer das Verhältnis des Ichs zu seiner Umgebung auslotet. Das sei heute noch genauso relevant wie damals, ist die auf Bedeutsamkeit bedachte Musikpresse schnell dabei zu betonen. Und Distelmeyer versichert, dass man natürlich nicht „so Sonic-Youth-mäßig 'Daydream Nation' von vorne bis hinten in der Originalreihenfolge durchnudeln“ wolle. Dann ist ja alles gut. Aber letztlich einfach genauso gut oder profan wie bei anderen: Alte Fans können in Erinnerungen schwelgen und verspätete Fans können Verpasstes nachholen. Die anderen bleiben zu Hause. Denn welche Band dem eigenen Leben einen neuen Sinn gegeben hat, möge jedes Ich doch selbst entscheiden.