Wo ist das? Wo findet es statt? Leben daneben!? Wo läuft der Film, zu dem Klez.e (benannt nach dem wenig possierlichen Computer-Schädling) ihren Soundtrack schrieben? Eigentlich spielt dieses Kino dort draußen, mitten auf der Hauptstraße. Tobias Siepert (Texter, Sänger sowie Multiinstrumentalist) und seine vier Berliner Mitstreiter aber kommen aus den Nebenstraßen der Stadt, aus den Ecken und Winkeln. Sie erzählen Geschichten von hier und dort. Erlebnisse, wie du sie in Pendlerzügen erlebst, in denen das pralle Leben seine schauderhaftesten oder einfach nur müdesten Gesichter zeigt und niemand auch nur einen Hauch von Verstehen atmet. Das schweift dann zwar auch gerne kurz mal in die obligatorische, gesellschaftlich medialen Rundumschläge ab, z.B. wenn es den alltäglichen Kriegshorror im TV beschreibt („Real Fernsehen“), erzählt aber auch von der vergessenen Reflektion des eigenen bedenkenswerten Zustandes. Klez.e beschäftigen die Unwägbarkeiten des Lebens zwischen (un)gewollten Aufenthalten und dem Fluss der Dinge. Musikalisch bewegen sie sich dazu im Spannungsbogen zwischen Gitarrenpop, Ballade und unauffällig verwendeter elektronischer Tüftelei. Manchmal erinnern sie dabei ein wenig an Kante, nicht nur gesanglich recht deutlich an Radiohead. Präsent ist aber auch die „Weilheimer Schule“, ohne dass man an ihnen den Eintrag wegen Abschreibens verpassen muss.
Klez.e sind selten eins mit dem Tempo des Lebens um sie herum, verstehen es geschickt, ihre eigene Geschwindigkeit mitten in einem Orbit aus Zeitraffer und Zeitlupe zu variieren. Zeit ist offenbar ohnehin der wichtigste Faktor beim Entstehen des Albums gewesen. Nimmt man sich die Vielschichtigkeit der einzelnen Tracks als Maßstab, klingen diese nicht wie eben mal aus der Hand geschüttelt, sondern fordern auf beiden Seiten Geduld ein. „Ist es zu spät?“, fragen sie zwischendrin. „Mit dieser mitgebrachten Einstellung“, so würde man in verbeamtetem sportjournalistischen Ton wohl entgegnen, „braucht es ihnen vor nichts bange sein!“. Da waren wir wieder. Mitten auf dem populistischen Highway der Belanglosigkeiten, dem Klez.e einen Teil ihres Hirnfutters verdanken. Und doch ist es im Kern richtig: Im „Leben daneben“ wurde so ziemlich alles richtig gemacht. Und fast wünschte man sich für ihre Liveauftritte nur Clubs mit großen Fenstern zur Stadt… Die gibt es auch im Berliner Magnet Club, und dort findet am kommenden Mittwoch (25.8.) die Record Release Party von Klez.e statt. Eine Tour im Herbst ist in Planung. Wer sich übrigens 30 MB durch's Netz jagen möchte, kann auf der Homepage das Video zu „Du Auch“ samt „Making Of“ bestaunen!