Kleine Mädchen haben Träume. Mal mehr, mal weniger romantisch. Fast immer spiegeln sie sich in entrückten Blicken wieder. Manchmal rollt auch die Spitze des Kugelschreibers wie von Geisterhand über das leere Blatt. Dann entstehen angedeutete Kreise, Schlangenlinien oder werden Zitate verschnörkelt niedergeschrieben. Der Boden, über den sie laufen möchten, ist voller Moos, und ein mäandernder Weg führt aus einem Märchenwald hinaus zu einem kleinen Haus auf einer Lichtung. Dazu singt KT Tunstall. „Other Side of the World“, „Under the Weather“, „Black Horse and the Cherry Tree“ und „Through the Dark“ sind einige der, teils recht zynischen, kurzen Geschichten über das Leben betitelt. All diese Impressionen sind kein Wunder, bedenkt man die Abstammung der jungen Kate, die lieber KT genannt werden möchte und ihre chinesische Heimat schon früh gegen schottische Hochländer tauschen musste. Wie man Geheimnissen auf den Pelz rückt, entdeckte sie an Vaters Teleskop, in Michael Endes „Die unendliche Geschichte“ und im Sinnieren über „richtig ekligen Kinderliebe-Mist“. Mit Lo-Fi-Understatement allerdings hat „Eye to the Telescope“ nicht gerade mehr viel am Hut. Ambitioniert produziert und arrangiert ist das Album mit einem tiefen Griff in das Instrumentarium. Steve Osborrne (U2, New Order, Happy Mondays) hatte sie mittlerweile in London an die Hand genommen. Vielleicht wäre KT Tunstall ansonsten noch etwas ungeschliffener nach einer Michelle Shocked gekommen. Die Schnörkel jedenfalls hat sie sich bewahrt. Sogar die auf dem Papier. Nachzuprüfen auf zwei Konzerten Anfang September. Schön!