Mit der Wahrnehmung ist es ja immer so eine Sache: Es gibt Geräusche, die es zwar immer hinein ins Ohr schaffen, aber nur selten ins Bewusstsein. Sind sie aber erstmal drin, werden sie künftig sofort, allgegenwärtig und bewusst wahrgenommen. Im Falle des neuen Albums „Seperate Chambers“ von Contriva geht es hier um ein bestimmtes Quietschen – das von Fingern auf Gitarrensaiten nämlich. Was Freunde ruhigerer Musik zuletzt in ähnlich starker Ausprägung bei den Kings of Convenience vorgesetzt bekamen, treiben Contriva auf die Spitze. Der Opener „Good to know“ startet mit einer sanften Melodie, die sich nach und nach zu einer fragilen, verträumten Hymne mausert. Das besagte Fingerquietschen wächst sich währenddessen zum (mit-)tragenden Element aus. Im folgenden „Unhelpful“ tritt es kurz zurück, um spätestens bei „Say Cheese“ wieder sanft durch die Hintertür unüberhörbar zu werden. Und auch darüber hinaus lässt sich über „Seperate Chambers“ fast nur Gutes sagen. Mit „I can wait“ gelingt Contriva der schönste und melancholischste Popsong seit langem. „Centipade“ entwickelt sich nach minimalem Gitarreneinstieg zu einer opulenten, mit Streichern und verspielter Elektronik angereicherten achtminüigen Klanglandschaft, die einem sehnsuchtsvoll vorbeifliegende Landschaften vor Augen führt. Contriva, das ist eine Versammlung von vier Songwritern, vier Multiinstrumentalisten und – nicht zuletzt – vier langjährigen Freunden. Masha Qrella, Rike Schuberty, Hannes Lehmann und Max Punktezahl, neben ihren diversen Soloprojekten auch bei Mina, NMFarner, Jersey, Britta oder The Notwist aktiv, führen uns mit ihrem neuen Album wieder an die Grenzen von instrumentaler Konzeptmusik und melodisch-leichten Popsongs, meist ganz ohne Gesang, im Kontext der vergangen zwei Alben dann aber erfreulicherweise doch mit etwas mehr Stimmeinsatz. „Its just singer/songwriter music mostly without a singer“ liest man dazu auf ihrer MySpace-Seite. Mit „Separate Chambers“ ist Contriva nun schon zum dritten Mal eine wunderbare Platte voller Emotion, Sehnsucht und Tiefgang gelungen, die zu vergleichen schwer fällt. Empfohlen seien hier lange herbstliche Zug- oder Autofahrten. Oder die anstehenden Konzerttermine, gemeinsam übrigens mit den ebenfalls bei MorrMusic beheimateten und von POP FRONTAL präsentierten Elektronikern Electric President.